Studium? Ja oder nein? – Jahresrückblick 2015 und Ziele
Jahresende bedeutet auch immer Jahresrückblick. Das merke ich nicht nur, wenn ich hin und wieder mal durch die Fernsehkanäle zappe, sondern auch ganz konkret an meinen eigenen Gedankengängen. Denn am Jahresende schweife ich gerne mal in die Vergangenheit ab. Und dieses Mal möchte ich Dich mitnehmen. Denn das vergangene Jahr, war für mich ein ganz besonderes Jahr, das mir wahrscheinlich immer als „Jahr der Meilensteine” in Erinnerung bleiben wird.
Du bekommst deswegen heute einen Beitrag zu lesen, der dich in mein Leben entführt und ich verspreche dir, er wird wahrscheinlich harte Kost und sehr persönlich. Also lehn’ dich zurück, mach‘ es dir gemütlich und lausch’ der Geschichte: „Wie ich meine Baustellen nach so langer Zeit endlich beendet habe“.
Mit viel Sarkasmus könnte ich heute im Rückblick sagen: Irgendwann im Leben bist du in deiner eigenen Selbstachtung so weit gesunken, dass es nicht mehr tiefer geht. Aber das wäre vielleicht etwas zu hart. Fangen wir also ganz von vorne an. Im Jahr 2013.
Hartes Studium ohne Ziel
2013 war für mich ein ziemlich hartes Jahr. Ich erkannte, dass ich in jeglichem Lebensbereich feststeckte und nicht mehr voran kam. Ich versank im Alltagstrott, in einer Bequemlichkeit und vor allem schüchterte mich eine großen Zukunftsangst ein.
Denn was ich aus meinem Leben machen wollte, das wusste ich damals nicht. Mit einem Abschluss in Politikwissenschaft konnte ich beim besten Willen nichts mehr anfangen. Ich fragte mich oft, was mich nach dem Abitur nur dazu getrieben hatte, diese Geisteswissenschaft zu studieren. Meine Interessen hatten sich im Laufe der Jahre einfach zu sehr verlagert. Meine Leidenschaften führten mich nun in die Welt der Fotografie, hin zum Schreiben und zu diesem Blog.
Das Studium, das ich 2006 noch höchst spannend fand, wurde für mich bald zur Qual. Schnell verschoben war der Gedanke, nach dem Abschluss noch einen Doktortitel in meinem Studienfach zu machen. Ich wusste instinktiv, meine Universitätsausbildung werde ich zwar beenden, aber danach als Politikwissenschaftlerin arbeiten? – Nein. Das wollte ich nicht. Also hing ich irgendwie fest.
Ich hatte mein Ziel aus den Augen verloren und ohne dieses konkrete Ziel mindestens sechs Monate an einer Abschlussarbeit zu schreiben, 130 Seiten aufs Papier zu bringen und sich danach noch vier Abschlussprüfungen zu stellen, war für mich unvorstellbar. – Einfach nicht machbar. Die Aussicht auf einen Universitätstitel reichte mir schon lange nicht mehr aus, um mich dieser Herausforderung zu stellen. Ich wollte wissen, was ich danach machen sollte, wollte einen Plan. Ein Lebensziel, das ich mir selbst aber nicht setzen konnte. Also schob ich sämtliche Entscheidungen, die meine Zukunft betrafen schlichtweg auf und kam 2014 hart auf dem Boden der Tatsachen an.
2014 – Das Jahr der Schlüsselmomente
2014 wurde dann das Jahr meiner Schlüsselmomente. Ich erinnere mich genau. Ich hatte einen Anlauf gestartet und meinem Professor ein Konzept für die Ausarbeitung meiner Diplomarbeit geschickt, an dem ich immer mal wieder über ein Jahr lang, mehr schlecht als recht, gearbeitet hatte. Kurz vor Ostern lud er mich zur Besprechung in seine Sprechstunde ein und nahm mich und mein Konzept dabei eine volle Stunde lang komplett auseinander.
Das Schlimme für mich? – Er traf genau einen Nerv. Bohrte genau in meine Wunden. Machte klar deutlich, dass er herauslesen konnte, dass hier ein halbherziger Versuch voller Zweifel und Ängste lag.
Ich war fassungslos. Verließ wie in Trance nach dieser einen Stunde sein Büro und schaffte es gerade noch so bis zu meinem Auto, als mir schon die Tränen in die Augen schossen.
Kennst du das Gefühl von Panik? Von purer Verzweiflung? Das Gefühl, dass du nicht mehr weißt, wie es in deinem Leben weiter gehen soll? Genauso fühlte sich das für mich an.
Ich fuhr nach Hause und tat das denkbar Schlechteste, was man in einer solchen Situation tun kann. Ich betrank mich und zwar so maßlos, dass ich vor lauter Weinen und Alkohol bereits um sieben Uhr in einen traumlosen, völlig erschöpften Schlaf fiel.
Am nächsten Morgen war ich, zusammen mit der Sonne um halb fünf hell wach. Voller Wut im Bauch, voller Ehrgeiz und Temperament. Der Gedanke:
„Verdammte Scheiße! Der Typ hat Recht! Das war ein halbherziger Versuch! – Es kann doch nicht möglich sein, dass ich wirklich zu dumm bin, eine solche Arbeit zu schreiben. Tausende vor mir, von denen ich wahrscheinlich nur die Hälfte halte, was ich momentan von mir halte, haben es vor mir geschafft, ich kriege das hin. Irgendwie!“
Mit diesem Gedanken setze ich mich an meinen Schreibtisch und tippte in einer Stunde die ersten fünf Seiten meines Konzepts, die so auch heute in meiner Diplomarbeit stehen.
Ich landete bis zum September 2014 noch einige Male mehr auf der Nase. Rappelte mich immer wieder auf und begann langsam und allmählich durch all diese kleinen Schlüsselmomente in meinem Leben meine Prioritäten zu verschieben.
2015 – Das Leben aufräumen mit dem Scheuklappenprinzip
Im August setze mir mein Professor eine Deadline. Falls ich meine Diplomarbeit noch bei ihm machen wolle, müsse mein Konzept bis Mitte September vorliegen.
Endlich war der nötige Druck aufgebaut. Ich ackerte wie ein Tier auf diesen Termin hin und gab pünktlich 30 Seiten ab. Für mich war zu diesem Zeitpunkt völlig klar: Wenn die Sprechstunde ein weiteres Mal so fatal ausfallen würde, würde ich mein Studium abbrechen und eine solide Ausbildung machen. Ohne Wenn und Aber.
Ich kann dir verraten. Heute, ja- genau heute, kann ich mein Zeugnis von der Post holen. Ich habe nicht abgebrochen, sondern im September 2014 mein Leben komplett umgekrempelt. Für mich gab es jetzt nur noch eine Sache:
Meine Diplomarbeit schreiben und einen Abschluss machen – und das mit Hilfe des Scheuklappenprinzips.
Was das ist?
Ganz einfach: Egal, ob ich wusste was mich im Leben danach erwartete, egal wie viel Angst ich vor dem Ungewissen hatte, ich zog es durch. Verschloss die Augen vor der Zukunft mit einer Gewissheit, die ich mir immer wieder einreden musste: „Es wird sich alles irgendwie fügen.“ Manchmal muss man sich Dinge schlichtweg immer wieder selbst einreden, bevor man sie glauben kann.
In dieser Zeit blendete ich die Zukunft komplett aus. Es existierte nur noch das Hier und Jetzt. Deswegen schrieb ich auch keine einzige Bewerbung für die Zeit nach der Uni. Ich kümmerte mich schlichtweg nicht um das, was kommen sollte. Viel zu sehr hätte ich mir damit weiteren Druck oder Versagensängste aufgebaut. Also ignorierte ich das einfach. Ich weiß, diese Methode funktioniert nicht bei jedem. Das ist mir klar. Doch für mich passte es perfekt, denn vor lauter Zukunftsangst, gab es bei mir kaum eine andere Möglichkeit.
Irgendwann nach meiner Entscheidung die Sache endlich einfach durchzuziehen, als ich wirklich im Prozess meiner Abschlussarbeit eingetaucht war und auch mein eigenes Scheuklappenprinzip so sehr verinnerlicht hatte, wurde mir eines bewusst:
„2015 – das wird mein Jahr! Mit dem Studium in der Tasche beende ich endlich eine Baustelle, die mich sehr lange Zeit begleitet hat und von vielen Dingen abgehalten hatte, die mir eigentlich wichtig sind: Und zwar Karriere und Reisen.“
Der Traum vom Reisen rückt in greifbare Nähe
Ich fasste einen fixen Entschluss. Nach meinen Abschlussprüfungen wollte ich verreisen und zwar alleine, in ein Land, das ich nicht kannte. Deswegen siehst du hier auch lauter Fotos von meinem Asien-Trip.
Warum ich mir das zutraute, alleine als Frau nach Asien zu reisen?
Ganz einfach:
Aus der ganzen Kraft, die ich für die Überwindung meiner Zukunftsängste aufgebracht hatte, schöpfte ich unfassbaren Mut.
Ich sagte mir: „Ich schaffe das. Egal was ist. Ich habe eine für mich so große Hürde genommen, da ist ein längerer Auslandsaufenthalt alleine nur ein kleiner Ausbruch aus meiner Komfortzone.“
Außerdem wollte ich die Zeit nutzen, um meinen Kopf frei zu machen. Um mich gesammelt und gefasst auf das vorzubereiten, was ich danach angehen wollte.
Mein Aufenthalt in Thailand und Kambodscha war für mich selbst ein voller Erfolg. Die Erfahrung alleine zu verreisen würde ich gegen nichts eintauschen wollen. Denn viel zu wertvoll sind mir die Erinnerungen und die Intensität mit der ich Thailand und Kambodscha erlebte. Und auch das Gefühl, dass mich beschlich, als ich mich auf den Weg nach München zum Flughafen machte, meinen 10kg schweren Rucksack und die Kamera dabei, überkommt mich heute manchmal noch.
„Habe ich das gerade wirklich getan?“
Ja! Habe ich und es ist wunderbar!
Mut und beste Entscheidungen
Manchmal liege ich abends wach im Bett und gehe nochmal zu Fuß durch Bangkok. Ich genieße jedes einzelne Bild, das vor mir auftaucht und ich weiß genau:
Alleine verreisen und auf eigene Faust ein Land „zu erobern“, das ist etwas, das werde ich mir von niemanden mehr nehmen lassen.
So gesehen, war es die beste Entscheidung meines Lebens, mein Studium zu beenden, meinen Rucksack zu packen und auf eine Reise zu gehen.
Aber auch jetzt einige Monate nach dieser wertvollen Erfahrung stelle ich fest, dass das Leben so viele Abenteuer für mich bereit hält. Mein erster Job. Die Freiheit, nach Hause zu kommen und nicht von Selbstzweifeln geplagt zu werden, ob man diese eine Baustelle im Leben je schließen kann. Denn eines ist sicher:
Diese Baustelle ist beendet. Das Gebäude ist gebaut. Da steht es nun in seiner Pracht und ist eine wichtige Stütze in meinem eigenen Entwicklungsprozess geworden. Niemals hätte ich gedacht, dass eine einfache Abschlussarbeit oder ein Studienabschluss, für mich soviel bedeuten könnte.
Was also für mich ein „Bestes Jahr ausmacht“?
- Dinge zu erreichen von denen ich nie geglaubt hätte sie zu schaffen.
- Über mich selbst hinauszuwachsen.
- Aus meiner Komfortzone auszubrechen.
- Zu lernen, dass das Leben ein Abenteuer ist.
- Zu erkennen: Der Sinn des Lebens ist leben.
- Eine Ruhe und Gelassenheit zu entwickeln, die mich bei Erschütterungen nicht einknicken lässt.
- Stärke zu gewinnen.
Ich selbst zu sein und zu werden.
So gesehen. Ja – 2015 war mein Jahr.
Einfach machen!
Ich bin gespannt was 2016 für mich bereit hält. Denn, dass es mit diesem Mindset in meinem Kopf spannend wird, das ist klar. Ein langweiliges Leben ohne Fortschritt, ohne Ideen und wilde Kreativität, gepaart mit der Prise Willen der Selbstverwirklichung, das wird es für mich wohl nicht mehr geben.
Ich hoffe du bist noch da. Ich hoffe du hast bis hierhin durchgehalten. Und vielleicht hat dich meine Lebensgeschichte sogar ein klein wenig inspiriert, an eine harte Zeit in deinem Leben erinnert und vor allem eines bewiesen:
Es ist machbar. Egal was du dir vornimmst – Du schaffst es!
Du musst es nur tun. Und wenn dich die Selbstzweifel und Ängste überrumpeln, dann heißt es manchmal einfach nur:
Augen zu und durch – Scheuklappen aufsetzen und den Fokus auf das kleinste Ziel richten.
Einfach machen.
4 KOMMENTARE
Lieber Weggefährte B.
danke für deine warmen Worte.
Ich hoffe sehr, dass auch du einen Weg für dich findest.
Wenn du möchtest, können wir uns gerne wieder einmal per Mail oder Sonstiges unterhalten.
Viele Grüße,
Claudia
Schön, dass du es geschafft hast ich leider noch nicht, kann aber deine Misere aus tiefstem Inneren nachfühlen und dabei hoffen, meine Scheuklappen sehr bald angelegt und justiert zu bekommen.
herzlichste Grüße (von einem ehemaligen "Weggefährten") der B.
Liebe Bärbel,
danke fürDeine lieben Worte. Ich freue mich, dass meine Geschichte genau das vermittelt, was ich in sie hineingelegt habe. Energie. 🙂
Danke für Deine wundervollen Wünsche!
Ich wünsche Dir selbst auch das Beste von ganzem Herzen.
Genieß die restliche Adventszeit…
Claudia
Hallo Claudia,
Dein Beitrag berührt mich sehr. Der Text sprüht voller Energie und Tatendrang. Ich wünsche Dir weiterhin viele erfolgreiche und wundervolle Tage
Liebe Grüße
Bärbel